DM-Countdown: Noch 11 Tage

Technik, die begeistert

Vest, 14.07.2008, Sven Krause
 
 

Den Kampf um den Titel entscheidet bei der Junioren-DM oft eine hundertstel Sekunde. Doch wie werden die Zeiten gemessen. Die WAZ hat sich die Zeitmessanlage des RLC angeschaut.
 
Recklinghausen. Jamaikas Sprintkönigin Merlene Ottey kann ein Lied über Fotofinish-Entscheidungen in ihrer Leichtathletikkarriere erzählen. Alleine ihre Niederlage um wenige tausendstel Sekunden über 100 Meter bei der WM 1993 in Stuttgart gegen die US-Amerikanerin Gail Devers gehört zu den Legenden der Leichtathletik. Sie macht aber wie kaum ein anderer Zieleinlauf deutlich, wie wichtig eine genaue Zeitmessung ist. Daher hat sich die WAZ vor den Deutschen Junioren-Meisterschaften die Frage gestellt: Wie funktioniert die elektronische Zeitmessung?

Bevor die Zeitmessexperten Jörg-Stefan Praßni, Stefan Tillmann und Ludwig Götz im Stadion Hohenhorst hinter ihrer Anlage auf Zielhöhe Platz nehmen können, ist Muskelkraft gefragt. Gut 100 Meter Kabel müssen zwischen Startpistole, den unterirdischen Anschlüssen und den Verbindungskabel hoch zur zur Zeitmesszentrale, verlegt werden. Dann gilt es, die Anzeige in Zielhöhe aufzubauen. Die Lichtschranke muss in Höhe der Ziellinie ausgerichtet werden. Stehen diese Komponenten, dann geht das Trio daran, die Zentrale der neuen Zeitmessanlage einzurichten. Die hat so viel gekostet wie ein Kleinwagen der Polo-Klasse.

Dazu gehört eine Zeilenkamera, die das Herzstück der Anlage bildet und Bilder im Abstand einer zehntausendstel Sekunde liefert. Außerdem haben Praßni, Tillmann und Götz drei Laptops, zwei Monitore, einen Drucker und diverse Kleingeräte vor sich aufgebaut. Praßni: „Wir brauchen rund eine halbe Stunde, bevor wir betriebsbereit sind.”

Ausgangspunkt einer jeden Zeitmessung ist die Startpistole. Auf ihr wartet ein Aufsatz darauf, dass durch die Schallwelle des Schusses ein elektronischer Impuls ausgelöst wird, der in Sekundenbruchteilen die Uhr in der Kamera und im Rechner auslöst. Nun liefert die Kamera jede zehntausendstel Sekunde ein Bild von der Ziellinie und die Uhren warten darauf, dass der schnellste Läufer durch seinen Rumpf die Lichtschranke unterbricht. Nach diesen Muster werden die Zeiten aller Läufer genommen. Nun geht es an die Auswertung. Praßni: „Der Drucker liefert uns die Zeiten jedes Läufers. Auf dem Monitor werten wir die Bilder der Kamera aus, vergleichen sie mit den Zeiten des Computers und haben das Ergebnis.” Für die Auswertung eines Sprints benötigt das Trio eine Minute. Die Auswertung eines Mittel- und Langstreckenlaufes dauert durch die größeren Zeitabstände und dadurch, dass alle Athleten auf der Innenbahn einkommen, länger.

Dabei muss der Starter nicht warten, bis Auswertung geklappt hat. Die Daten eines jeden Laufes werden gespeichert und dann ausgewertet. Bei Entscheidungen im Tausendstelbereich a´ la Merlene Ottey und Gail Devers dauert es länger. Damit bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften alles glatt geht, sind neben den drei RLC-Experten - die nicht umsonst aus einem angehenden Informatiker (Praßni), einem Ingenier der Elektrotechnik (Götz) und einem angehenden Informationselektroniker (Tillmann) bestehen – ein Obman und ein Schiedsrichter anwesend. Und sollte die Anlage streiken? Kein Problem. Im Hintergrund läuft die alte Anlage zur Sicherheit mit. Praßni: „ So haben wir die Gewissheit, dass uns keine Zeit entgeht.”